last update: 18.02.2024 12:21

Im Großen und Ganzen staubtrockene Berichte, die Wilhelm in der zweiten Hälfte des Jahres 1935 verfasste und dem "Senftenberger Anzeiger" zum Abdruck übergab. Es ist schwer vorstellbar, daß die Leserschaft der Tageszeitung bis zum Schluß "am Ball" blieb und die Texte mit Vergnügen las. Wilhelm war nicht der einzige Korrespondent, der damals aus Abessinien berichtete. Aber er war wohl einer der weniger talentierten. Ganz im Gegensatz zu seiner - zumeist englischsprachigen - Konkurrenz, die zwar weitestgehend über dieselben Begebnisse schrieb, dies jedoch sehr viel witziger, farbiger, anschaulicher.
Die Zahl der ausländischen Korrespondenten war hoch.
Sie fielen ab Juni in Abessinien ein und im August waren es schon derer 50. Im Oktober, als der Krieg begann waren es mittlerweile über 100. Bis Dezember waren über 150 Presseausweise ausgegeben worden.
Die Anekdoten, über die es sich lohnte zu berichten, waren gering und aufgrund der Tatsache, daß alle Schreiber mehr oder weniger auf denselben Pool an lokalen Informanten und Dolmetschern angewiesen waren, glichen sich die abgehandelten Ereignisse stark.
Deshalb verfiel der eine oder andere aus Mangel an Neuigkeiten oder Langeweile darauf, die jeweils anderen Korrespondenten zu porträtieren. Zumindest effektvoll in die eigenen Erzählungen einzuflechten.
"The Evening Standard" (25. September 1935), "The Sun (5. September 1935)
Und so verwundert es nicht, daß auch Wilhelm und seine Entourage hier und da Erwähnung finden. Ob dies jeweils in den regelmäßigen Kolumnen der britischen und amerikanischen Tageszeitungen geschah, lässt sich derzeitig nicht sagen. Dazu müsste man Zugriff auf die damalige Presse haben und diese gezielt durchsuchen.
In jedem Fall findet man hier und dort in nach 1935 erschienenen Büchern entsprechende Verweise.

Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit werden nachfolgend die bislang entdeckten Textpassagen wiedergegeben:

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There was a Colonel Haroun-al-Raschid ("H. al. R" with a crown, was emblazoned on his luggage): a bald little Prussian who had instructed a Turkish machine-corps in the war and earned the title of King of Machine-guns (which apparently sounded enough like Haroun-al-Raschid to make no difference).
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in "Fiasco in Addis Ababa" by Patrick Balfour (war-correspondent to the "Evening Standard" with the Abyssinian Army in Addis Ababa and Harar) as part of "Abyssinian Stop Press", edited by Ladislas Farago, London 1936.
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there was a German who travelled under the name of Haroun al Raschid, a title, he said, which had been conferred on him during the Dardanelles campaign by the late Sultan of Turkey; his head was completely hairless; his wife shaved it for him, emphasising the frequent slips of her razor with tufts of cotton-wool.
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in "Waugh in Abyssinia" by Evelyn Waugh,
1936
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The remarkable Haroun al Raschid, a German, who said he had fought with the Turks in 1914-18 and had taken a Muslim name, and who now claimed to be representing the Stuttgart Zeitung, must have appeared very suspicious indeed. Haroun al Raschid, who had shaved his head, had an attractive blond wife, a manservant called Fritz, and a fine custom-built car. He and his entourage disappeared in the last stages of the war, and afterwards the Abyssinians claimed that he was really a Wehrmacht colonel, his wife a coding clerk, and Fritz a German navy radio operator. This claim was never proved, but the Germans definitely had observers with the Italian troops, sometimes under the cover of being war correspondents, and so it seems quite likely that there were German observers in Addis Ababa, also.
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in "The first casualty : from the Crimea to Vietnam : the war correspondent as hero, propagandist, and myth maker" by Phillip Knightley, London & New York 1975.

Ein Buch, das sich mit Kriegberichterstattern befasst und dabei unter anderem zeitgenössische (1935) Quellen auswertet.