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Über die frühe Schulzeit des jungen Wilhelm ist derzeit nicht viel bekannt. Die spärlichen Informationen
sprechen von einem Besuch der Volksschule, sowie Privatunterricht. Beides wäre überhaupt nicht ungewöhnlich.
Einige Indizien sprechen dafür, daß
er bereits in jungem Alter auf Internaten untergebracht war. Senftenberg bot dem Sprößling offensichtlich nicht die
Möglichkeiten, die seine Eltern ihm angedeihen lassen wollten.
Ob und wenn ja, welche Pläne für die berufliche Zukunft des Filius
bestanden, ist gleichfalls nicht überliefert.
Möglicherweise wurde Wilhelm durch seine Aufenthalte in
Internaten bereits frühzeitig geprägt und es verwundert nicht,
daß er später durch die halbe Welt zog. Und doch auch immer
wieder und regelmäßig zu Besuch in Senftenberg weilte. Wenigstens
solange noch ein Elternteil lebte.
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Wilhelm, 10-jährig (Weihnachten 1896)
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Fünf Jahre nach dem Tod von Robert wurde Louise wieder schwanger. Sie brachte
am 13. November 1898 ein kleines Mädchen zur Welt. Louise war zu diesem Zeitpunkt
bereits 41 Jahre alt.
Das Nesthäkchen im Hause Hintersatz wurde von allen nur "Hanni" genannt.
Der vollständige Name lautet
Louise Johanna
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Familie Hintersatz im Garten hinter der Oberpfarre (Oktober 1897)
Senftenberger Anzeiger (15. November 1898)
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"Hanni" (Mai 1899)
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Auszug aus dem Kirchenbuch der Deutschen Kirche zu Senftenberg (Taufen 1892 - 1902)
Johannas Taufe fand am 29. November 1898 statt.
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Ab dem 19. April 1898 besucht Wilhelm die Königliche Landesschule Pforta bei Naumburg um dort seine schulische Ausbildung fortzusetzen.
Zu seinen Eltern und der 12 Jahre jüngeren Schwester, die er scheinbar abgöttisch liebte, hält er stets brieflichen Kontakt...
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Pforta, den 11.XI.1903
Mein geliebtes Schwesterchen!
Nimm zu Deinem Geburtstag auch vom Brüderchen viele Grüße und einen herzlichen Kuß
hin. Mehr kann Dein Brüderchen nämlich vor der Hand nicht geben. Du weißt ja wohl,
daß der Weihnachtsmann nicht mehr allzu lange ausbleibt. Ihm werde ich mein Herz
ausschütten und ihn bitten, statt meiner, wenn freilich auch erst etwas später,
Dir mein Liebling, etwas recht Schönes zu bringen. Schreib mir nur, was Du gern haben
möchtest, doch halt – da fällt mir etwas sehr Schönes ein, aber verraten will ich
dies noch nicht. Gedulde Dich also noch ein Weilchen. Hoffentlich bist und bleibst
Du recht gesund und munter.
Viel Besuch und Vergnügen auch wünsche ich Dir zum Geburtstag.
Grüße Mutter und Vater schön. Zum Schluß noch einen innigen Kuß.
Dein Brüderchen Helmi.
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Ein gewisses erzählerisches Talent scheint sich schon auszuprägen...
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Pforta, den 14.VIII.1904
Meine lieben Eltern!
Vor allem sage ich Euch herzlichen Dank für den ersten Brief. Er hat mich
sehr erfreut, zumal ich daraus ersah, daß es Euch allen gut geht. Sodann
will ich gleich mit einer kleinen Freudenpost einsetzen.
In der ersten griechischen Arbeit habe ich eine II – I geschrieben.
Hoffentlich kommt und bleibt es auch im Übrigen so.
Um noch einmal auf die Feldstechersache zurückzukommen, so ist mir selbst
eine solche Frechheit unbegreiflich. Polizeiliche Mittel, Haussuchung u.
dergl. will Pforta nicht anwenden.
Ich glaube allerdings auch nicht, daß das irgendwelchen Zweck haben würde.
Im Übrigen – man denke, daß so etwas hier vorkommen kann – habe ich noch
Leidensgenossen. Am letzten Tag vor den Ferien ist einem andern eine Uhr,
einem dritten 14 Mark gestohlen worden. Was soll man dazu sagen?
Über meine Schlipsnadel seid unbesorgt. Ich habe sie hier, trage sie sogar
augenblicklich und halte sie im Übrigen jetzt gut versteckt.
Die elektrische Leitung ist gut gelungen. Das Licht brennt sehr schön.
Nachher werde ich jedenfalls hören, was Muffen dazu gesagt hat. Gestern
abend habe ich bei Frau Becker Thee getrunken und Kuchen gegessen.
Als Geschenk hat sie die Sache nicht annehmen wollen. Wir haben uns darein
geteilt. Sagorski hat kürzlich der Unterprima aus Montenegro Zigaretten
geschenkt, sodaß jeder 6, die Obersten 7 Stück erhielten.
Er hat auch erzählt, wie er sie durchgeschmuggelt hat. Es ist zum Schreien,
wenn er selbst das erzählt. Wie er an die Zollstation kommt, wie sein Koffer
durchsucht – nichts gefunden, dann eine ganze Reihe Pakete mit Pflanzen –
nichts gefunden. Nun hat er noch eine große Botanisiertrommel mit. Da fragt
ihn der Beamte, ob er etwas Zollpflichtiges darin habe. Jawohl, 200 Zigaretten
will ich durchschmuggeln. Man macht auf. Oben liegen 2 Zigaretten, darunter
Pflanzen. Der denkt natürlich, Sagorski hat Scherz gemacht und läßt ihn durch,
hat aber nicht beachtet, daß in der Trommel noch ein Seitenfach war. Darin
steckten die übrigen 198 Zigaretten. Zum Schluß sagte er noch: „Dabei bin ich
doch ganz ehrlich gewesen, habe dem Mann doch gesagt, daß ich 200 Zigaretten
durchschmuggele.“
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Da Galle aus Meuro nicht raucht, habe ich 3 von ihm bekommen, von zwei andern
auch noch je eine. 2 habe ich noch. Wenn Vati Appetit hat, will ich ihm in
den Ferien eine davon mitbringen.
Wie Ihr wißt, war ich vorigen Sonntag in Naumburg eingeladen. Unterwegs
strömte zwar der Regen. Aber sehr naß bin ich nicht geworden. Dort haben wir
uns sehr gut amüsiert, haben auch gesungen.
Louise mit ihren beiden Kindern Wilhelm und Johanna (Weihnachten 1904)
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Pforta, Oberprima (Sommer 1904)
Nach dem erfolgreichen Ablegen des Abiturs, nach eigener Aussage mit guten Noten, verließ er die Landesschule Pforta am 23. Februar 1905
und startete seine militärische Karriere. Ob seine Noten tatsächlich so gut waren, wie er behauptete, davon kann sich ein jeder anhand seines
Abiturzeugnisses ein Bild machen...
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Fünf Tage später, am 28. Februar 1905, tritt er als Fahnenjunker in das Preussische
Infanterie-Regiment von Stülpnagel (5. Brandenburgisches) Nr. 48 ein.
Dieses Regiment war in Cüstrin (später Küstrin) beheimatet und dort
in der "Neuen Kaserne" an der Landsberger Straße untergebracht.
Wilhelm wird später über die Anfangsjahre seiner miltärischen Laufbahn
schreiben:
Meine Ausbildung zum Soldaten entwickelte sich sehr rasch und
außerordentlich vielfältig. Ich leitete die Organisation der ersten
Radfahrer-Abteilung im III. Armeecorps und erhielt eine Ausbildung als
Kraftfahrer, am Maschinengewehr und über einen längeren Zeitraum auch
in Artillerie. Bei anderen Gelegenheiten wurde ich über Militäradministration
geschult, also über die Anforderungen einer mobilisierten Armee - die
Beschaffung und Lagerung von Ausrüstung sowie den Transport und Austausch
von Mensch, Tier und Material. Ich übernahm Aufgaben im höheren Generalstab
(Divison und Armeecorps) und hatte damit die Möglichkeit, Praxiserfahrungen
in Strategie und Taktik zu erlangen.
Diese Beschreibung deckt sicher einen längeren Zeitraum ab und ist nicht
allein auf das Jahr 1905 zu reduzieren. Nichtsdestotrotz begann in jenem Jahr
eine sehr dynamische Entwicklung die man auf den folgenden Seiten weiter
verfolgen kann...
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Wilhelm (ca. 1904/05)
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Auszug aus der Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Würtembergischen) Armeekorps für 1908.
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