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"Hanni" (Mai 1899)
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Auszug aus dem Kirchenbuch der Deutschen Kirche zu Senftenberg (Taufen 1892 - 1902)
Johannas Taufe fand am 29. November 1898 statt.
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Ab dem 19. April 1898 besucht Wilhelm die Königliche Landesschule Pforta bei Naumburg um dort seine schulische Ausbildung fortzusetzen. Den
Platz (eine Freistelle) auf dieser eher elitären Bildungseinrichtung verdankte er mehr oder weniger der Einflußnahme des damals amtierenden
Senftenberger Bürgermeisters Karl Ziehm.
Der Dank der Familie Hintersatz für diese Schützenhilfe fiel indes anders aus, als man sich das gemeinhin wünschen würde...
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Wie einer Anzeige des Bürgermeisters Ziehm in Senftenberg wider den Oberpfarrer Hintersatz ebenfalls in Senftenberg wegen wissentlicher
falscher Verleumdung aus dem Januar 1904 zu entnehmen ist, bestand abgesehen von den nachstehend näher geschilderten vereinzelten Fällen
zwischen mir und dem Oberpfarrer Hintersatz auch im amtlichen Verkehr ein gutes Einvernehmen, wie auch zwischen meiner und seiner Familie stets
gute Beziehungen unterhalten worden sind. Diese haben jetzt bedauerlicher Weise einen ganz bedeutenden Riß erhalten, hervorgerufen durch das
undankbare Verhalten und Vorgehen des Beschuldigten gegen mich. Ziehm berichtete, daß er bereits fünf Jahre zuvor durch ein anonymes
Schreiben an den Regierungspräsidenten in Frankfurt/Oder in fürchterlichster Weise denunciert und angeschwärzt worden sei. Schon damals
verdächtigte er den Oberpfarrer als Urheber jenes Schreibens.
Er war sich jedoch nicht sicher und unterließ daher eine Verfolgung der Angelegenheit, auch um des lieben Friedens willen habe er es vorgezogen, mit dem Beschuldigten bis zum Monat October vorigen Jahres, zu welcher Zeit die
beiliegende zweite Denunciation gegen mich ergangen ist, in Ruhe zu leben und freundschaftlichen Verkehr mit ihm zu unterhalten. Leider ist
besagte Denunziation nicht mehr erhalten. Laut dem Beschwerdeführer wurde er in dem mit "A. Lehmann" unterzeichneten und mit 8.9.1903 datierten
Brief an die Königliche Regierung in Frankfurt/Oder fälschlicherweise beschuldigt, in gröblicher Weise verleumdet und beleidigt.
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Karl Ziehm
(27.10.1854 - 12.01.1913) Senftenbergs Bürgermeister von 1896 bis 1913
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Ziehm leitete eigene Untersuchungen ein um den anonymen Briefeschreiber zu entlarven. Er schaltete sogar zwei Schriftsachverständige ein, die in ihren Gutachten
einhellig urteilten, daß der Verfasser der gegen Bürgermeister Ziehm gerichteten pseudonymen Denunziation in der Person des Oberpfarrers Hintersatz
zu suchen ist. Ziehm forderte von Hintersatz' Arbeitgeber, dem Königlichen Consistorium gegen ihn disziplinarisch einzuschreiten und ihn wegen
seiner gegen mich verübten unverantwortlichen Handlungsweise zur Rechenschaft zu ziehen.
Im März des Jahres schaltete sich Ziehms vorgesetzte Stelle, der Regierungs-Präsident zu Frankfurt a.d. Oder, ein und versuchte die Angelegenheit
irgendwie geräuschlos von der Tagesordnung zu bekommen. Grundsätzlich war man auf Ziehms Seite, sah aber, da man nur das Schriftsachverständigenurteil
ins Feld führen konnte, Gefahren, daß die ganze Sache zu einem Bumerang werden könnte. Gerade in dem Falle eines für Hintersatz günstigen Ausgangs
würde damit das Ansehen und die Autorität der sämtlichen Beteiligten unnötigerweise bloßgestellt werden.
Ob die Angelegenheit, zumal auch noch ein weiteres anonymes Schreiben einging, allgemein weiter verfolgt wurde, und wie diese ggf. ausging, ist leider nicht
überliefert. Eine Konsequenz hatte das Ganze aber doch... Zuguterletzt erlaube ich mir noch hinzuzufügen, daß es mir nach Lage der Sache zur Unmöglichkeit geworden ist,
seit dem Monat October v.J. an den von dem Herrn Oberpfarrer Hintersatz abgehaltenen Gottesdiensten teilzunehmen.
Zu seinen Eltern und der 12 Jahre jüngeren Schwester, die er scheinbar abgöttisch liebte, hält er stets brieflichen Kontakt...
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Pforta, den 11.XI.1903
Mein geliebtes Schwesterchen!
Nimm zu Deinem Geburtstag auch vom Brüderchen viele Grüße und einen herzlichen Kuß
hin. Mehr kann Dein Brüderchen nämlich vor der Hand nicht geben. Du weißt ja wohl,
daß der Weihnachtsmann nicht mehr allzu lange ausbleibt. Ihm werde ich mein Herz
ausschütten und ihn bitten, statt meiner, wenn freilich auch erst etwas später,
Dir mein Liebling, etwas recht Schönes zu bringen. Schreib mir nur, was Du gern haben
möchtest, doch halt – da fällt mir etwas sehr Schönes ein, aber verraten will ich
dies noch nicht. Gedulde Dich also noch ein Weilchen. Hoffentlich bist und bleibst
Du recht gesund und munter.
Viel Besuch und Vergnügen auch wünsche ich Dir zum Geburtstag.
Grüße Mutter und Vater schön. Zum Schluß noch einen innigen Kuß.
Dein Brüderchen Helmi.
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Ein gewisses erzählerisches Talent scheint sich schon auszuprägen...
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Pforta, den 14.VIII.1904
Meine lieben Eltern!
Vor allem sage ich Euch herzlichen Dank für den ersten Brief. Er hat mich
sehr erfreut, zumal ich daraus ersah, daß es Euch allen gut geht. Sodann
will ich gleich mit einer kleinen Freudenpost einsetzen.
In der ersten griechischen Arbeit habe ich eine II – I geschrieben.
Hoffentlich kommt und bleibt es auch im Übrigen so.
Um noch einmal auf die Feldstechersache zurückzukommen, so ist mir selbst
eine solche Frechheit unbegreiflich. Polizeiliche Mittel, Haussuchung u.
dergl. will Pforta nicht anwenden.
Ich glaube allerdings auch nicht, daß das irgendwelchen Zweck haben würde.
Im Übrigen – man denke, daß so etwas hier vorkommen kann – habe ich noch
Leidensgenossen. Am letzten Tag vor den Ferien ist einem andern eine Uhr,
einem dritten 14 Mark gestohlen worden. Was soll man dazu sagen?
Über meine Schlipsnadel seid unbesorgt. Ich habe sie hier, trage sie sogar
augenblicklich und halte sie im Übrigen jetzt gut versteckt.
Die elektrische Leitung ist gut gelungen. Das Licht brennt sehr schön.
Nachher werde ich jedenfalls hören, was Muffen dazu gesagt hat. Gestern
abend habe ich bei Frau Becker Thee getrunken und Kuchen gegessen.
Als Geschenk hat sie die Sache nicht annehmen wollen. Wir haben uns darein
geteilt. Sagorski hat kürzlich der Unterprima aus Montenegro Zigaretten
geschenkt, sodaß jeder 6, die Obersten 7 Stück erhielten.
Er hat auch erzählt, wie er sie durchgeschmuggelt hat. Es ist zum Schreien,
wenn er selbst das erzählt. Wie er an die Zollstation kommt, wie sein Koffer
durchsucht – nichts gefunden, dann eine ganze Reihe Pakete mit Pflanzen –
nichts gefunden. Nun hat er noch eine große Botanisiertrommel mit. Da fragt
ihn der Beamte, ob er etwas Zollpflichtiges darin habe. Jawohl, 200 Zigaretten
will ich durchschmuggeln. Man macht auf. Oben liegen 2 Zigaretten, darunter
Pflanzen. Der denkt natürlich, Sagorski hat Scherz gemacht und läßt ihn durch,
hat aber nicht beachtet, daß in der Trommel noch ein Seitenfach war. Darin
steckten die übrigen 198 Zigaretten. Zum Schluß sagte er noch: „Dabei bin ich
doch ganz ehrlich gewesen, habe dem Mann doch gesagt, daß ich 200 Zigaretten
durchschmuggele.“
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Da Galle aus Meuro nicht raucht, habe ich 3 von ihm bekommen, von zwei andern
auch noch je eine. 2 habe ich noch. Wenn Vati Appetit hat, will ich ihm in
den Ferien eine davon mitbringen.
Wie Ihr wißt, war ich vorigen Sonntag in Naumburg eingeladen. Unterwegs
strömte zwar der Regen. Aber sehr naß bin ich nicht geworden. Dort haben wir
uns sehr gut amüsiert, haben auch gesungen.
Louise mit ihren beiden Kindern Wilhelm und Johanna (Weihnachten 1904)
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Pforta, Oberprima (Sommer 1904)
Nach dem erfolgreichen Ablegen des Abiturs, nach eigener Aussage mit guten Noten, verließ er die Landesschule Pforta am 23. Februar 1905
und startete seine militärische Karriere. Ob seine Noten tatsächlich so gut waren, wie er behauptete, davon kann sich ein jeder anhand seines
Abiturzeugnisses ein Bild machen...
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Fünf Tage später, am 28. Februar 1905, tritt er als Fahnenjunker in das Preussische
Infanterie-Regiment von Stülpnagel (5. Brandenburgisches) Nr. 48 ein.
Dieses Regiment war in Cüstrin (später Küstrin) beheimatet und dort
in der "Neuen Kaserne" an der Landsberger Straße untergebracht.
Wilhelm wird später über die Anfangsjahre seiner miltärischen Laufbahn
schreiben:
Meine Ausbildung zum Soldaten entwickelte sich sehr rasch und
außerordentlich vielfältig. Ich leitete die Organisation der ersten
Radfahrer-Abteilung im III. Armeecorps und erhielt eine Ausbildung als
Kraftfahrer, am Maschinengewehr und über einen längeren Zeitraum auch
in Artillerie. Bei anderen Gelegenheiten wurde ich über Militäradministration
geschult, also über die Anforderungen einer mobilisierten Armee - die
Beschaffung und Lagerung von Ausrüstung sowie den Transport und Austausch
von Mensch, Tier und Material. Ich übernahm Aufgaben im höheren Generalstab
(Divison und Armeecorps) und hatte damit die Möglichkeit, Praxiserfahrungen
in Strategie und Taktik zu erlangen.
Diese Beschreibung deckt sicher einen längeren Zeitraum ab und ist nicht
allein auf das Jahr 1905 zu reduzieren. Nichtsdestotrotz begann in jenem Jahr
eine sehr dynamische Entwicklung die man auf den folgenden Seiten weiter
verfolgen kann...
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Wilhelm (ca. 1904/05)
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Auszug aus der Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Würtembergischen) Armeekorps für 1908.
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